Pratham ist gerade sechs Monate alt, da bemerken seine Eltern, dass der Junge ungewöhnlich blass und schwach ist. Dazu fiebert er regelmäßig. Es dauert einige Monate, bis die Familie aus dem kleinen Ort Tiptur im südwestindischen Bundesstaat Karnataka die Ursache erfährt.
Der kleine Pratham hat Glück im Unglück: Als der behandelnde Arzt vor Ort mit der Diagnose nicht weiterkommt, rät er den Eltern dazu, den Jungen in einem Krankenhaus im 150 Kilometer entfernten Bangalore untersuchen zu lassen. Dort erst erfahren sie: Pratham leidet an Thalassämie, einer genetisch bedingten Störung der Bildung roter Blutkörperchen. Für die Eltern bricht eine Welt zusammen. Ihr Sohn benötigt ab sofort regelmäßige Bluttransfusionen und Medikamente. „Wir hatten noch nie von einer solchen Störung gehört. Die Nachricht machte uns große Angst, wir hatten keine Hoffnung“, erinnert sich Prathams Mutter Jhobha.
Von den Ärzt:innen in Bangalore erfuhren die Eltern aber auch von der einzigen Heilungschance für ihren Sohn: der Möglichkeit einer Stammzelltransplantation. Eine Gewebetypisierung der engsten Familienmitglieder offenbarte: Prathams älterer Bruder Dhuvan war für ihn der perfekte Stammzellspender. Seine Merkmale stimmten zu hundert Prozent mit denen Prathams überein. Ein Lichtblick für die traumatisierte Familie – aber wie sollten sie diese Therapie bloß finanzieren? Und gab es überhaupt eine Klinik mit den notwendigen Kapazitäten? Die Ärzt:innen boten der Familie an, Pratham vor Ort, im gemeinnützigen Bhagwan Mahaveer Jain Hospital, zu behandeln. Die DKMS hatte dort vor Kurzem, gemeinsam mit der Sankalp India Foundation und Cure2Children, die nach Mechtild Harf benannte Transplantationsstation eröffnet – mit dem Ziel, bedürftigen Patient:innen wie Pratham eine lebensrettende Behandlung zu ermöglichen. Im Rahmen ihres internationalen Patienten-Förderprogramms beteiligte sich die DKMS außerdem an den Kosten für Prathams Stammzelltransplantation.
Alle fünf Minuten wird in Indien bei einem Menschen Blutkrebs oder eine vererbte Blutkrankheit wie Thalassämie oder Sichelzellenanämie diagnostiziert. Jedes Jahr werden dort mehr als 10.000 Kinder mit dieser schweren Anämie geboren. Die einzige Chance auf Heilung ist eine Stammzelltransplantation, idealerweise in einem frühen Alter. Doch oftmals fehlen in den Krankenhäusern Kapazitäten, um die kleinen Patient:innen medizinisch zu versorgen und die notwendige Behandlung zu gewährleisten. Hinzu kommt, dass die Familien häufig einen Großteil der Kosten selbst tragen müssen und viele von ihnen das Geld – trotz größter Bemühungen – nicht aufbringen können. Hier setzt unser internationales Patienten-Förderprogramm an: Mit bis zu 4.800 Euro pro Patient:in beteiligen wir uns an den Kosten für Stammzelltransplantationen, die von unseren gemeinnützigen Kooperationspartnern durchgeführt werden. Darüber hinaus erhalten die Patient:innen und ihre Angehörigen Unterstützung bei der Suche nach anderen Geldgebern, die Behandlungs- und damit zusammenhängende Kosten übernehmen. Falls erforderlich, verzichten die jeweiligen NGOs sogar vollständig auf finanzielle Beteiligung der Familien. Gemeinsam schenken wir so Hoffnung auf eine gesunde Zukunft.
Heute ist Pratham fünf Jahre alt und auf dem Weg in ein gesundes, Thalassämie-freies Leben. „Wir wünschen anderen Kindern mit einer solchen Diagnose, dass sie ebenfalls die Chance auf Heilung und auf ein normales Familienleben erhalten“, sagt Prathams Mutter. „Vor einigen Jahren konnten wir davon nur träumen, aber nun sind wir auf einem guten Weg. Wir sind unendlich dankbar für die medizinische, finanzielle und emotionale Unterstützung, die wir in den vergangenen Jahren erhalten haben.“
Auch Shrinidhi (zu sehen auf dem Titelbild), heute sieben Jahre alt, wurde mit einer schweren Form der Thalassämie geboren. Alle 25 Tage benötigte er eine Bluttransfusion, da sein Körper nicht selbst in der Lage war, Blut zu bilden. Die jahrelangen, schmerzhaften Bluttransfusionen führten zu Schädigungen von Leber und Milz.
Shrinidhis Eltern hatten ohnehin schon Probleme, finanziell über die Runden zu kommen. Dennoch ließen sie nichts unversucht, die bestmögliche Therapie für ihren Sohn ausfindig zu machen. Der behandelnde Arzt legte ihnen nahe, sich an die Sankalp India Foundation zu wenden, wo sie erfuhren: Es gab eine Chance auf Heilung für ihr Kind! Die DKMS und die Sankalp India Foundation machten schließlich den Weg frei für Shrinidhis lebensrettende Knochenmarktransplantation. Heute ist der kleine Junge vollständig genesen. Er geht in die erste Klasse und liebt, wie alle seine Freunde, Kricket, Badminton und Radfahren.
Auch Shreya hat durch unser internationales Hilfsprogramm Unterstützung erfahren. Obwohl die Mutter wenig Unterstützung aus ihrem Umfeld erhielt, kämpfte sie für ihre Tochter, um ihr eine Zukunft zu ermöglichen. Die Zwölfjährige ist der ganze Stolz ihrer Mutter und möchte selbst einmal Ärztin werden, um Kindern mit Thalassämie zu helfen.
Unser Ziel ist es, für Patient:innen weltweit den Zugang zur Stammzelltransplantation zu verbessern. Mehr Informationen zu unseren internationalen Hilfsprogrammen findest du hier.