Hast du schon einmal darüber nachgedacht, dass du der genetische Zwilling eines Menschen mit Blutkrebs sein könntest? Eines Menschen, der lebensbedrohlich erkrankt ist, und irgendwo auf der Welt auf eine (deine?) Stammzellspende wartet? Stell dir vor, du würdest diesem Menschen eine zweite Lebenschance schenken. Dank deiner Registrierung können sich neben deinem genetischen Zwilling Familie und Freunde gleich mitfreuen. Wäre das nicht ein tolles Gefühl?
Seitdem es die DKMS gibt, haben wir schon mehr als 110.000 Stammzellspenden vermittelt und damit ebenso viele Chancen auf ein gesundes Leben. Viele, die gespendet haben, konnten die Empfänger:innen ihrer Stammzellen später kennenlernen und daraus ist schon so manche wertvolle Freundschaft entstanden. Einige von ihnen fühlen sich, als hätten sie ein neues Familienmitglied gewonnen. Auch wenn man sich nicht persönlich kennenlernen kann, sind durch die Stammzellspende zwei Leben für immer verbunden.
Das hören wir immer wieder von unseren Spender:innen. Nicht nur, weil ihre Spende das gute Gefühl gibt, einen wertvollen Beitrag geleistet zu haben. Sondern auch, weil eine Stammzellspende einfacher ist, als es sich viele zunächst vorstellen. Deutlich schwieriger ist es, überhaupt ein passendes Match zu finden. Allein in Deutschland erhält alle 12 Minuten ein Mensch die Diagnose Blutkrebs, und viele von ihnen suchen vergeblich nach ihrem genetischen Zwilling.
Carlos ist zehn Jahre alt. Ein Tüftler. Ein Forscher. Einer, der gern klettert und Geschichten hört. Ein ganz normaler Junge eben – auch dank seines genetischen Zwillings. Der hat ihm Stammzellen gespendet, als Carlos mit zwei Jahren an Blutkrebs erkrankt war, und ihm so das Leben gerettet.
Philipp ist eigentlich ein gelassener Typ. Die Diagnose Blutkrebs hat diese Einstellung auf eine harte Probe gestellt. Eine Stammzellspende rettete ihm 2020 das Leben. Heute genießt er die einfachen Dinge: morgens aufstehen, den Sonnenaufgang sehen, Sport machen und erleben, dass es ihm gut geht. „Meine Therapie konnte nur erfolgreich sein, weil sich jemand als Stammzellspender registriert hat“, sagt er. Dafür ist Philipp unendlich dankbar.
Melina hat sich mit 18 registrieren lassen. Als der Anruf kam, dass sie als Stammzellspenderin infrage kommen würde, hatte sie sich gefreut. Ihre Spende war erfolgreich, und ihr Stammzellempfänger konnte geheilt werden. Er überraschte sie an ihrem Geburtstag nach Ablauf der zweijährigen Anonymitätsfrist. Sie sind bis heute eng verbunden.
Janina spürt noch manchmal die Nachwirkungen ihrer schweren Leukämie. Beispielsweise fällt es ihr schwer, sich zu konzentrieren. Trotz allem ist sie froh und dankbar, die Erkrankung mithilfe einer Stammzelltransplantation hinter sich gelassen zu haben. Janina ist heute selbstbewusster, spontaner. „Ich mach‘ jetzt was aus meinem Leben“, lautet ihre Devise. „Ich möchte noch viel erleben, freue mich auf Abenteuer.“
Ricardo genießt das Leben mit seiner kleinen Familie in vollen Zügen. Dass er das kann, hat viel mit Marianne zu tun, seiner Stammzellspenderin. Denn Ricardo hatte Blutkrebs. Die Beiden haben sich zwei Jahre nach der Spende getroffen, sich auf Anhieb gut verstanden und stehen seitdem in freundschaftlichem Kontakt.
Blutkrebs ist ein Sammelbegriff für verschiedene bösartige Erkrankungen des blutbildenden Systems, bei denen Blutzellen entarten und sich unkontrolliert vermehren. Diese entarteten, bösartigen Zellen verdrängen die roten Blutkörperchen (Erythrozyten), die weißen Blutkörperchen (Leukozyten) und die Blutplättchen (Thrombozyten).
Rote Blutkörperchen transportieren normalerweise Sauerstoff, weiße Blutkörperchen bekämpfen Infektionen und Blutplättchen stoppen Blutungen. Werden diese gesunden Blutzellen von funktionsuntüchtigen, kranken Zellen verdrängt, kann das Blut seine lebensnotwendigen Aufgaben nicht mehr übernehmen.
Die häufigste Form von Blutkrebs ist Leukämie.
Die Stammzellen, die für eine Transplantation benötigt werden, befinden sich im Knochenmark aller Knochen, in hoher Konzentration vor allem im Beckenkamm und in geringer Konzentration auch im peripheren Blut. Stammzellen sind die Mutterzellen aller Blutzellen und für die Blutbildung zuständig.
Über unser Online-Formular kannst du dir das Registrierungsset ganz bequem nach Hause schicken lassen. Mit den beigefügten Wattestäbchen nimmst du jeweils einen Abstrich deiner Wangenschleimhaut und schickst die Stäbchen samt unterschriebener Einwilligungserklärung an unser Labor zurück. Nach der Registrierung werten wir die relevanten Gewebemerkmale im Labor aus und stellen anschließend das Ergebnis der Probe pseudonymisiert für den weltweiten Spendersuchlauf zur Verfügung.
Es gibt zwei verschiedene Methoden, Stammzellen zu spenden: die periphere Stammzellentnahme und die Knochenmarkentnahme.
Die periphere Stammzellentnahme kommt derzeit mit circa 90 Prozent am häufigsten zum Einsatz. Bei dieser Methode werden die Stammzellen über ein spezielles Verfahren (Apherese) aus dem Blut gewonnen. Die Ärztin oder der Arzt legt dazu jeweils einen Zugang in beide Armvenen, ähnlich einer Dialyse. Zuvor erhalten alle Spender:innen über fünf Tage hinweg ein Medikament mit dem Wachstumsfaktor G-CSF. Der hormonähnliche, körpereigene Stoff G-CSF sorgt für eine vermehrte Produktion von Stammzellen und deren Ausschwemmung in die Blutbahn. Die periphere Stammzellentnahme dauert normalerweise drei bis höchstens fünf Stunden. In der Regel können unsere Spender:innen die Entnahmeklinik noch am selben Tag verlassen. Nur sehr selten wird ein zweiter ambulanter Entnahmetag notwendig.
Die Knochenmarkentnahme kommt bei etwa 10 Prozent der Stammzellspenden zum Einsatz. Bei der Knochenmarkentnahme wird den Spender:innen in einer zertifizierten Entnahmeklinik unter Vollnarkose circa ein Liter Knochenmark-Blut-Gemisch aus dem Beckenkamm entnommen. Das sind etwa fünf Prozent des Gesamtknochenmarks. Das Knochenmark regeneriert sich innerhalb weniger Wochen. Im Anschluss an die Knochenmarkentnahme ist es möglich, dass für wenige Tage ein lokaler Wundschmerz auftritt, ähnlich dem bei einer Prellung. Zur Knochenmarkentnahme bleiben unsere Spender:innen normalerweise für ein bis zwei Nächte im Krankenhaus. Anschließend raten unsere Ärzt:innen dazu, sich nach Rücksprache mit der Entnahmeklinik noch einige wenige Tage zu Hause zu erholen. Das gesundheitliche Risiko der Knochenmarkentnahme ist gering. Es beschränkt sich im Wesentlichen auf das allgemeine Risiko, das mit jeder Operation unter Vollnarkose einhergeht. Um vermeidbare Risiken auszuschließen, hat für uns die sorgfältige medizinische Voruntersuchung unserer Spenderinnen und Spender höchste Priorität.
Bis ein Kennenlernen nach erfolgreicher Stammzelltransplantation möglich ist, müssen bestimmte Regeln eingehalten werden, denn vor dem ersten Zusammentreffen ist die Einhaltung einer Anonymitätsfrist bindend. Die Kontaktsperre beträgt in den meisten Ländern, u.a. auch in Deutschland, zwei Jahre. Ein direkter Kontakt zwischen Spender und Patient ist also frühestens zwei Jahre nach der ersten Transplantation erlaubt, wenn beide Seiten über die Vor- und Nachteile eines direkten Kontakts von der Spenderdatei und der Transplantationseinheit aufgeklärt wurden.
Zuvor ist in einigen Ländern bereits eine anonyme Korrespondenz möglich. Dies ist in den „Deutschen Standards für die nicht verwandte Blutstammzellspende“ geregelt, denen auch die DKMS folgt. Ziel ist es unter anderem, den Schutz der Identität von Spendern und Patienten unbedingt und bestmöglich zu gewährleisten, solange es die Anonymitätsfrist vorschreibt.
Die länderspezifischen Regelungen sind sehr unterschiedlich: Beispielsweise erlauben manche Länder nur einen einmaligen Briefwechsel, andere setzen voraus, dass der Patient den ersten Brief schreibt. Das bedeutet konkret: Nach der Entnahme bzw. der Transplantation dürfen Spender bzw. Patient nur auf Nachfrage das Geschlecht sowie ungefähre Angaben bezüglich Herkunft und Alter des Partners so mitgeteilt werden, dass die Anonymität nicht gefährdet wird.